Begegnungsabend zur 45. Ökumenischen FriedensDekade: „Frieden ohne Gerechtigkeit ist hohl“
Frieden geht nicht ohne Versöhnung. Aber wie kann Versöhnung gelingen? Die Frage stand im Mittelpunkt eines Gesprächsabends im Rahmen der Ökumenischen Friedensdekade unter dem Motto „Komm den Frieden wecken“ in Saarbrücken-Burbach. Die Katholische Erwachsenenbildung Saarbrücken, die Evangelische Akademie im Saarland und Pax Christi hatten zu einem „Abend mit guten Beispielen aus der Versöhnungsarbeit“ eingeladen.
Die „Versöhnungs-Reise“ führte von Südafrika über Kolumbien bis zur Versöhnungsarbeit der Nagelkreuzgemeinschaft. Otto Deutsch, Pfarrer i.R., schilderte aus seinen Erfahrungen aus Südafrika zur Zeit der Apartheid und des Übergangs. Eine „Wahrheits- und Versöhnungskommission“ sei der Versuch gewesen, zu verhindern, dass „nach Ende der Apartheid die Gesellschaft übereinander herfällt und Rache übt“. Ein Teil davon war eine Amnestie für Täter, die sich bekannten. Das brachte zwar eine Stabilisierung, „aber Täter mussten keine Wiedergutmachung leisten. Das ist denen, denen Unrecht geschehen ist, zu wenig. Es hat Gerechtigkeit gefehlt“, analysierte Otto Deutsch, und ergänzte: „Frieden kann nur sein, wo Gerechtigkeit ist. Ein Friede ohne Gerechtigkeit ist hohl, ist oberflächlich und wird irgendwann in sich zusammenbrechen“.
In Kolumbien sollte ein Friedensvertrag den jahrzehntelangen Kampf der FARC-Rebellen beenden. Er hielt nicht, weil das Land nicht in der Lage war, die Rebellen zu integrieren, berichtete William Couttin („Memo“), aus seiner Heimat Kolumbien, wo weiterhin Instabilität herrscht. Wenn ein Bauer für ein Kilogramm Kaffee vielleicht einen Euro, aber für ein Kilogramm Koka zehn Euro erhält, sage das viel über den Zustand. Trotzdem gibt es so etwas wie das „kolumbianische Paradox“, was heißt: „In Kolumbien herrscht kein Frieden, aber die Menschen leben in Frieden“. In kleinen Gemeinschaften leben sie friedlich miteinander; Kunst und Musik helfen bei der Aufarbeitung und Bewältigung. „Man könnte sagen: Frieden nicht als politisches Ideal, sondern als konkrete Formen des Zusammenlebens. In kleinen Projekten, mit Gesten der Versöhnung, lässt sich Frieden im Kleinen aufbauen in einem Land, in dem Generationen nur Krieg gekannt haben“. Und das sei auch eine Botschaft an die Welt: „Frieden entsteht nicht dort, wenn Waffen schweigen, sondern dort, wo Menschen sich weigern, zu hassen“.
Ein anderes Beispiel von Versöhnung ist die Nagelkreuzgemeinschaft, ein internationales Netzwerk für Frieden und Versöhnung. Entstanden ist sie nach verheerenden Luftangriffen auf das englische Coventry im Jahr 1940. Kreuze aus Nägeln aus den Trümmern der zerbombten Kathedrale sind das Symbol der Gemeinschaft, die sich dafür einsetzt, Hass und Spaltung zu überwinden. Versöhnungsarbeit ist nicht nur Friedensarbeit, betonte Thomas Bergholz, evangelischer Pfarrer der Ludwigskirche Saarbrücken, die auch Nagelkreuzkirche ist. So hätten sich etwa englische Fußballfans, deren Verein an einen amerikanischen Investor verkauft wurde, was zu einer tiefen Spaltung führte, an Nagelkreuzler gewandt, weil diese für ihre Versöhnungsarbeit bekannt sind.
„Es geht also nicht immer um Krieg, sondern auch um tiefgreifende Spaltung in der Gesellschaft“, erläuterte Bergholz, und er weist auf eine zentrale Voraussetzung hin: Versöhnung muss von den Opfern ausgehen – sonst kann sie nicht gelingen,
Die Vorträge lieferten die Grundlage für ein intensives Gespräch der Besucherinnen und Besucher, bei dem unweigerlich auch die aktuellen Entwicklungen der Ukraine angesprochen wurden. Auch dort gilt: Frieden ist mehr, als wenn die Waffen schweigen, und: Frieden ohne Gerechtigkeit ist hohl.
Eine Bewegung mit Geschichte
Die FriedensDekade entstand in den 1980er-Jahren als ökumenische Antwort auf den Kalten Krieg. Bis heute ist sie ein wichtiger Raum für kritische Diskussionen und kreative Aktionen. Die ACK Saar ist ein Zusammenschluss verschiedener christlicher Konfessionen: Alt-katholische Kirche, Evangelische Kirche, Freie evangelische Gemeinde, Römisch-katholische Kirche, Neuapostolische Kirche und Selbständig Evangelisch-Lutherische Kirche.
Weitere Infos auf der Seite der FriedensDekade: https://www.friedensdekade.de/



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